Eine Möhre auf Weltreise

Leseprobe

Angefangen hatte alles ...

... mit Currywurst, Pommes und Tiefkühlpizza. Neben Käsebrot und Radieschen über Monate hinweg mein Hauptnahrungsmittel. Sonntagnachmittags mit besagtem Brot- und Radieschen-Vorrat in den Zug Richtung Essen, mittwochabends zurück nach Mannheim – ohne das bereits aufgegessene Brot mit Radieschen. Dafür mit einem sich schleichend auffüllenden Kalorienkonto dank der nahezu täglichen Portion Currywurst mit Pommes im Projektbüro. Daheim schnell eine Tiefkühlpizza, Koffer auspacken, Unterlagen für die nächsten beiden Tage richten, ab ins Bett. Ehemann und Katzen bekamen natürlich auch die ihnen zustehende Aufmerksamkeit. Zumindest rudimentär. Donnerstag und Freitag Termine in Frankfurt oder in der Rhein-Neckar-Region (Hauptnahrungsmittel: belegte Brote oder eine schnelle Brezel am Bahnhof), Samstag Wäschewaschen, Kofferpacken und zwischendurch einen Teller Pasta. Sonntag in den Zug, nebst einer Packung Brot, eingeschweißten Käsescheibchen und natürlich auch einer Schüssel Radieschen im Koffer. Überflüssige Pfunde, die sich im Lauf der Wochen rund um die Hüfte ansiedelten, wurden mittels Pilates und Walking am Abend (halbwegs) in Schach gehalten. Auf Essen folgten weitere Projekte in Bocholt (Radfahrerparadies), Köln (hektische Taxifahrer), am Fuße der schwäbischen Alb (man spricht für Kurpfälzer Ohren eine schwer verständliche Fremdsprache), in einem beschaulichen Örtchen bei Heilbronn (Hauptattraktion: die Tankstelle gegenüber vom Hotel), in Karlsruhe (funktionierendes Straßenbahnnetz) …

Die besten Brezeln gibt es übrigens rund um Stuttgart, Currywurst ist in NRW eine Delikatesse. Wer in Essen den ICE Richtung Mannheim besteigen will, orientiert sich am besten Richtung Mitte des Bahnsteigs – in mindestens 50 Prozent aller Fälle fahren die Wagen in umgekehrter Reihenfolge ein – das verkürzt die Rennstrecke zum gebuchten Platz. Taxistände sind in Hockenheim Fehlanzeige, und wer einen Infostand am Bahnhof Pirmasens sucht, ist verloren. Dafür lassen sich die Fenster in einem bestimmten Dreisternehotel in Bocholt nur unter Anwendung roher Gewalt öffnen, und den Föhn teilt man sich mit anderen Gästen (abendliche Absprachen erforderlich). Über die hauseigene Küche dort schweige ich besser (wie haben die eigentlich ihre drei Sterne bekommen?), aber der Pizza-Schnelldienst ist gar nicht übel (sofern man auf Salat verzichtet …).

Aus unterschiedlichen Gründen, die sich wie Mosaiksteinchen zusammenfügten, beschloss ich irgendwann, auf Currywurst, Käsebrot mit Radieschen und Bahnhofsbrezeln zu verzichten, Zugausfälle und den Ansturm auf Ersatzzüge zu meiden und auch keine weiteren Hotelabenteuer mehr zu überstehen. Im zarten Alter von fünfundvierzig plus sollte mein Leben nochmals einen Richtungswechsel bekommen. Also Koffer in den Keller und ran an den Businessplan. Mein Ziel war es – neben dem dauerhaften Schlafen im eigenen Bett (welche Wohltat) und geregelten Arbeitszeiten (hahaha, aber man kann nicht alles haben) – ein Angebot an saisonal und regional orientierten Rezepten zu platzieren, die auch Einzelpersonen in Zeitnot mit überschaubarem Aufwand zubereiten können. Dazu sollten Anregungen für reisetaugliche Speisen ins Repertoire aufgenommen werden, um anderen Reisenden den Dauerverzehr von Käsebrot mit Radieschen und Currywurst mit Pommes zu ersparen. Immer wieder anders schmeckende (Feld-)Früchte genießt man mit aromatischen Kräutern und Gewürzen – natürlich ohne Geschmacksverstärker –, gart oder brät sie mit gutem Öl, verfeinert schon einmal mit einem besonderen Balsamico oder experimentiert mit Senfzubereitungen. Perfekte Produkte fürs Sortiment. Und probieren sollte man natürlich auch können, was sich da mithilfe meiner Zutaten zubereiten ließ. Viele unserer heimischen Ackererzeugnisse kennt man auf der ganzen Welt, nur die Zubereitung ist anders. Kochevents, um diese Vielfalt vorzustellen, gehörten also auch unbedingt dazu.

Die Idee der »Möhre auf Weltreise« – Exotisches für den heimischen Teller, gezaubert aus regionalen Zutaten, verfeinert mit aromatischen Gewürzen – war geboren, der geeignete Laden dafür auch bald gefunden. Ein wunderschöner Jugendstilbau von 1895, ein echtes Juwelchen, das Ladenlokal im Erdgeschoss stand seit Jahren leer. Mit Behördenkram kannte ich mich aus, alles also machbar, wenn das Konzept stimmte. Und im Konzepte entwickeln war ich schon immer gut.

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